Diabetes mellitus zählt zu den größten gesundheitlichen Herausforderungen unserer Zeit. Neben Bewegung und einer ausgewogenen Ernährung rückt die Forschung zunehmend bestimmte Nahrungsinhaltsstoffe in den Fokus – insbesondere Sekundäre Pflanzenstoffe. Diese natürlichen Substanzen kommen in Obst, Gemüse, Hülsenfrüchten, Tee oder Kaffee vor und zeigen vielversprechende Effekte auf den Zuckerstoffwechsel. Doch was sagt die Wissenschaft dazu?


Was ist Diabetes Typ 2?

Diabetes mellitus Typ 2 ist die weltweit häufigste Form der Zuckerkrankheit. Charakteristisch sind dauerhaft erhöhte Blutzuckerwerte, die vor allem durch zwei Faktoren entstehen:

  • Insulinresistenz: Die Körperzellen reagieren nicht mehr ausreichend auf das Hormon Insulin. Dieses Hormon ist jedoch notwendig, damit Zucker (Glukose) aus dem Blut in die Zellen aufgenommen werden kann.
  • Gestörte Insulinproduktion: Mit der Zeit lässt auch die Fähigkeit der Bauchspeicheldrüse nach, genügend Insulin zu bilden.

Folgen: Glukose sammelt sich im Blut an, was langfristig zu Schädigungen von Gefäßen, Nerven und Organen führen kann.

Risikofaktoren für Typ-2-Diabetes sind unter anderem Bewegungsmangel, Übergewicht, genetische Veranlagung und eine ungesunde Ernährung.


Was sind Sekundäre Pflanzenstoffe?

  • Definition: Sekundäre Pflanzenstoffe sind bioaktive Verbindungen, die Pflanzen nicht primär für ihr Wachstum, sondern als Schutz vor UV-Strahlung, Schädlingen oder Krankheiten bilden.
  • Beispiele: Polyphenole, Carotinoide, Phytosterine, Flavonoide, Anthocyane.
  • Laut Studien können auch Menschen von den antioxidativen und entzündungsmodulierenden Eigenschaften profitieren.

Wissenschaftliche Studienlage zu Diabetes und Sekundären Pflanzenstoffen

1. Polyphenole und Insulinresistenz

Eine Übersichtsarbeit1 zeigt, dass Polyphenole wie Resveratrol oder Quercetin die Insulinempfindlichkeit verbessern und entzündliche Prozesse dämpfen können. Diese Mechanismen sind entscheidend, um die Entstehung von Typ-2-Diabetes zu verzögern oder abzumildern.

2. Leberzellen im Fokus

Forscherinnen und Forscher des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD)2 fanden heraus, dass bestimmte Pflanzenstoffe den Zuckerstoffwechsel von Leberzellen positiv regulieren. Dies ist relevant, da die Leber eine Schlüsselrolle im Glukosehaushalt spielt – bei Typ-2-Diabetes ist ihre Funktion oft gestört.

3. Klinische Beobachtungen

Mehrere Humanstudien3,4 zeigen, dass eine Ernährung reich an Polyphenolen mit einem geringeren Risiko für Typ-2-Diabetes verbunden ist. Besonders Anthocyane aus Beeren und Catechine aus grünem Tee wurden mit einem besseren Blutzuckerprofil in Zusammenhang gebracht.

4. Metaanalysen und Reviews

Metaanalysen5 bestätigen, dass Sekundäre Pflanzenstoffe nicht nur präventiv wirken, sondern auch positive Effekte auf HbA1c-Werte und Nüchternglukose haben können.

Welche Lebensmittel sind besonders interessant?

  • Beeren (Blaubeeren, Himbeeren, schwarze Johannisbeeren) – reich an Anthocyanen
  • Grüner Tee – enthält Catechine
  • Kaffee – liefert Chlorogensäure
  • Rotweintrauben – Quelle für Resveratrol
  • Sojabohnen – Isoflavone mit potenzieller Wirkung

Sekundäre Pflanzenstoffe im Alltag

Wer Diabetes vorbeugen oder seinen Stoffwechsel unterstützen möchte, sollte folgende Tipps berücksichtigen:

  • Vielfalt auf dem Teller: Unterschiedliche Pflanzenstoffe wirken synergistisch.
  • Regelmäßiger Konsum: Die positiven Effekte entstehen durch eine langfristige, tägliche Aufnahme.
  • Schonende Zubereitung: Viele Substanzen sind hitzeempfindlich – frische Zubereitung erhält den Gehalt.

Fazit

Die aktuelle Forschung zeigt: Sekundäre Pflanzenstoffe haben ein enormes Potenzial im Kampf gegen Diabetes. Sie verbessern den Zuckerstoffwechsel, wirken antioxidativ und können entzündliche Prozesse bremsen. Eine Ernährung reich an Obst, Gemüse, Hülsenfrüchten und Tee ist damit nicht nur abwechslungsreich, sondern auch ein wertvoller Baustein in der Diabetesprävention.


1 Sequeira IR, Poppitt SD. Unfolding Novel Mechanisms of Polyphenol Flavonoids for Better Glycaemic Control: Targeting Pancreatic Islet Amyloid Polypeptide (IAPP). Nutrients. 2017 Jul 21;9(7):788. doi: 10.3390/nu9070788. PMID: 28754022; PMCID: PMC5537902.

2 YOLANDA F. OTERO et al. The Plant-Based Substance Totum-63 (T63) Reduces Fasting Plasma Glucose and HbA1c in People with Prediabetes or Type 2 Diabetes (T2D)—A 24-Week Multicenter Randomized Controlled Trial (REVERSE-IT). Diabetes 14 June 2024; 73 (Supplement_1): 73–OR.

3 Wang Y, Alkhalidy H, Liu D. The Emerging Role of Polyphenols in the Management of Type 2 Diabetes. Molecules. 2021 Jan 29;26(3):703. doi: 10.3390/molecules26030703. PMID: 33572808; PMCID: PMC7866283.

4 Sahiner M, Yilmaz AS, Gungor B, Ayoubi Y, Sahiner N. Therapeutic and Nutraceutical Effects of Polyphenolics from Natural Sources. Molecules. 2022 Sep 22;27(19):6225. doi: 10.3390/molecules27196225. PMID: 36234762; PMCID: PMC9572829.

5 Domínguez Avila JA, Rodrigo García J, González Aguilar GA, de la Rosa LA. The Antidiabetic Mechanisms of Polyphenols Related to Increased Glucagon-Like Peptide-1 (GLP1) and Insulin Signaling. Molecules. 2017 May 30;22(6):903. doi: 10.3390/molecules22060903. PMID: 28556815; PMCID: PMC6152752.


Dr. med. Dipl.-Ing. Georg Wolz

Facharzt für Allgemeinmedizin und Ernährungsmedizin und Dipl.-Ing. für Biotechnologie

Dr. med. Dipl. Ing. Georg Wolz studierte an den Technischen Universitäten Berlin und München Biotechnologie und Ernährungstechnologie. Anschließend begann er ein Medizinstudium an der Johan-Gutenberg-Universität Mainz, das er mit einer Promotion abschloss. Danach folgte die Ausbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin sowie zahlreiche Weiterbildungen – u.a. zum Ernährungsmediziner der Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM). Nach Tätigkeiten in verschiedenen Krankenhäusern arbeitete Wolz als niedergelassener Arzt mit eigener Praxis im Raum Bingen.

Deine Anmeldung konnte nicht gespeichert werden. Bitte versuche es erneut.
Deine Anmeldung war erfolgreich.

Sie möchten noch mehr Wissen?

Melden Sie sich zu unserem Newsletter an, um auf dem Laufenden zu bleiben und sicheren Sie gratis das Digital-Buch zum Thema "Sekundäre Pflanzenstoffe - Einsatz in der Naturheilkundlichen Therapie" 


Teilen Sie diesen Artikel:

Zurück zur Übersicht